Aktuelles
Transportrecht und Speditionsrecht
Feuchtigkeitsschäden an Möbeln in angemieteten Lagerraum, Lagervertrag oder Mietvertrag über Lagerflächen, Unterscheidung aufgrund Vereinbarung einer Ohhuts- und Verwahrungspflicht als vertragliche Hauptpflicht
BGB §§ 133, 157, 280 I, 535, 536 1,536a I,688 ; HGB § 467 OLG Dresden, Beschluss vom 08.03.2021 - 5 U 2247/20
In dem vom Oberlandesgericht Dresden in der Berufungsinstanz zu entscheidenden Fall verlangte die Klägerin Schadenersatz für durch Feuchtigkeit beschädigte und zerstörte Möbel. Die Feuchtigkeit war in die Möbel eingedrungen, während sie in einer Lagerhalle der Beklagten abgestellt waren.
Welche Ansprüche die Klägerin hatte, hing maßgeblich von der Frage ab, ob zwischen den Parteien ein Lagervertrag nach HGB oder ein Mietvertrag über Lagerflächen nach BGB abgeschlossen worden waren.
Zwar ist auf den ersten Blick scheinbar kein deutlich erkennbarer Unterschied zwischen beiden Vertragstypen gegeben. Wenn mangels klarer und eindeutiger vertraglicher Abreden nur das Gesetz zur Anwendung kommt, ist die Unterscheidung auch wegen der Rechtsfolgen von großer Bedeutung. Stellt man die Regelwerke zum Lagervertrag und Mietvertrag in synoptischer Art gegenüber, werden die bedeutenden Unterschiede erkennbar.
Der Lagerhalter haftet für Schäden, die durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Lagerung bis zur Auslieferung entstehen (so genannte Obhutshaftung). Der Obhutshaftung liegt eine Vermutung zugrunde, wonach der Lagerhalter den Verlust oder die Beschädigung des Gutes zu vertreten hat, also unabhängig von seinem Verschulden, außer der Schaden konnte auch durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden § 475 Abs. 1 S. 1 HGB). Der Haftungsumfang richtet sich nach den §§ 249 ff. BGB. Eine gesetzliche Haftungsbeschränkung existiert nicht. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt ein Jahr.
Demgegenüber haftet der Vermieter dem Mieter auf Schadenersatz, wenn bei Vertragsschluss ein Mangel der Mietsache vorlag oder erst nach Abschluss entstanden ist und der Vermieter den Mangel zu vertreten hat (§ 536a BGB). Der Vermieter haftet also anders als der Lagerhalter verschuldensabhängig. Das Vertretenmüssen richtet sich nach §§ 276 ff. BGB (Fahrlässigkeit und Vorsatz). Entstand die Schadensursache in dem Einflussbereich des Vermieters, so trifft ihn die Beweislast, dass ihn kein Verschulden zur Last fällt (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Schadensersatzanspruch ist auf das positive Interesse gerichtet. Der Mieter ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Mietvertrages gestanden hätte. Die reguläre Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre.
Das OLG Dresden hat in seiner Entscheidung auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung noch einmal herausgearbeitet, dass der Mietvertrag einerseits und der Lagervertrag andererseits sich dadurch unterscheiden, dass beim Lagervertrag der Lagerhalter selbst oder ein von ihm beauftragter Dritter die Lagerung und Aufbewahrung besorgt, während beim Mietvertrag über die Lagerfläche der Mieter selbst lagert und aufbewahrt. Das maßgebliche Unterscheidungskriterium ist danach, ob im Rahmen der Vereinbarung eine Obhuts-und Verwahrungspflicht als Hauptpflicht übernommen wird.
Da der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag weder in seiner Bezeichnung noch in seiner Ausgestaltung eindeutig war, hatte das Gericht die Vereinbarung entsprechend der dann geltenden Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB zu prüfen. Die Parteien hatten ihre Vereinbarung „Lagerübernahmeprotokoll“ genannt, die keine Liste der eingelagerten Gegenstände enthalten hat. Dieses so genannte Lagerübernahmeprotokoll enthielt nur eine oberflächliche Beschreibung der Art der von der Klägerin mitgebrachten Gegenstände, nicht aber eine dezidierte Lager-bzw. Inventarliste der eingestellten Gegenstände. Nach Auffassung des Gerichtes besteht aber regelmäßig ein besonderes Interesse des Lagerhalters daran, welche Art von Gegenständen bei ihm eingelagert wird, weil sich danach Art und Umfang seiner Obhutspflicht für die eingelagerten Gegenstände richtet. Wenn also im Rahmen eines Vertrages der die Lagerfläche zur Verfügung stellende Vertragspartner die auf die Lagerfläche eingebrachten Gegenstände nicht einzelnen im Sinne einer Lager- bzw. Inventarliste aufnimmt, spricht dies indiziell gegen die Übernahme einer Obhutspflicht von seiner Seite, welche regelmäßig Kenntnisse über Art und Umfang des eingelagerten Gutes erfordert.
Das Gericht kam somit zu dem Ergebnis, dass im zu entscheidenden Fall ein Mietvertrag vorliege. Dem zufolge musste die Klägerin entsprechend der mietvertraglichen Regeln die Mangelhaftigkeit der Mietsache beweisen, was ihr trotz umfangreichem Beweisangebot und Beweisaufnahme nicht gelungen war. Die deswegen von der Vorinstanz ausgeurteilte Klageabweisung wurde vom OLG Dresden in seiner Entscheidung bestätigt
(eingestellt am 01.07.2021)