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Arbeitsrecht
Keine Rückzahlung von Ausbildungskosten trotz Bitte des Arbeitnehmers um Erstellung einer Rechnung und trotz einer Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat entschieden, dass die Bitte des Arbeitnehmers in seinem Kündigungsschreiben um Erstellung einer Rechnung über Fortbildungskosten ohne Hinzutreten weiterer Umstände kein selbstständiges Schuldversprechen oder abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne der §§ 780, 781 BGB sei. Der Anspruch auf Erstattung sei auch nicht auf der Grundlage der Rückzahlungsklausel in der zwischen den Parteien bestehenden Fortbildungsvereinbarung gegeben. Die Rückzahlungsklausel war so formuliert, dass sie nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige und daher als Allgemeine Geschäftsbedingungen gegen das Benachteiligungsverbot im Sinne des §§ 307 Abs. 1 BGB verstoße.

LAG Hamm, Urteil vom 29.01.2021 Az. 1 SA 954/20

Angewendete Vorschriften §§ 780, 781 BGB, § 307 Abs. 1 BGB

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Kosten der Fort- und Ausbildung. Der Beklagte war zuletzt als Fachbereichsleiter bei der klagenden Arbeitgeberin, einem ambulanten Pflegedienst beschäftigt. Die Klägerin meldete den Beklagten zur Teilnahme an einer Weiterbildung an. Zuvor hatten sie eine sogenannte Weiterbildungsvereinbarung getroffen, die auch folgende Rückzahlungs-klausel enthielt:
„Endet das Arbeitsverhältnis durch Kündigung des Mitarbeiters aus einem nicht durch die Gesellschaft zu vertretenden Grund oder durch Kündigung der Gesellschaft oder durch sonstige Vereinbarung aus einem Grund, den der Mitarbeiter zu vertreten hat, ist der Mitarbeiter verpflichtet, der Gesellschaft die nach § 2 gezahlte Vergütung und die nach § 3 dieser Vereinbarung von der Gesellschaft übernommenen Studienkosten zurückzuerstatten.

Das LAG als Berufungsinstanz hat das Urteil des Arbeitsgerichtes bestätigt. Mit der Erklärung im Kündigungsschreiben sei weder ein selbstständiges Schuldversprechen im Sinne des §§ 780 BGB, noch ein konstitutives abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB abgegeben worden. Auch ein lediglich deklaratorisches Schuldanerkenntnis sei nicht gegeben. Ein rechtsgeschäftlicher Wille des Beklagten, ein Schuldversprechen ohne Rücksicht auf einen außerhalb der Erklärung liegenden Schuldgrund gegen sich gelten zu lassen, fehle in der Erklärung im Kündigungsschreiben. Der Ausspruch der Kündigung habe im Vordergrund des Schreibens gestanden. Nur nachgelagert sei es dem Beklagten um weitere Punkte gegangen, die im Rahmen der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses klärungsbedürftig erschien

Die im Vertrag vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung benachteilige den Beklagten unangemessen und sei daher gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

Es sei höchsterichterlich entschieden, dass es nicht zulässig ist, eine Rückzahlungspflicht einschränkungslos an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Die streitgegenständliche Klausel differenzieren nicht ausreichend nach dem Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das LAG Hamm hat die Rückzahlungsklausel „seziert“ und festgestellt, dass die gewählte Formulierung zwar nach verschiedenen Auflösungssituationen differenziere, aber letztendlich nicht ausreichend genug differenziert sei. So ließe die Formulierung der Klausel den Schluss nicht zu, dass der Rückzahlungsanspruch bei einer aus personenbedingten Gründen berechtigten Eigenkündigung des Arbeitnehmers entfalle. Der Arbeitnehmer sie also auch zur Rückzahlung verpflichtet, wenn er die Kündigungsgründe nicht zu vertreten hat.

Praxistipps:
Sowohl wenn die Verwendung von Rückzahlungsklausel in Arbeitsverträgen geplant ist oder Ansprüche aus bereits eingesetzten Klauseln im Streit stehen, empfiehlt sich die Beratung und Prüfung durch einen spezialisierten Anwalt um festzustellen, ob die Klauseln einer Inhaltskontrolle standhalten.
(eingestellt am 09.03.2022)